ERP

Wenn SAP Projekte scheitern

SAP Projekt gescheitert

Ein Erfahrungsbericht aus der Praxis mit SAP MES

Der größte Albtraum einer Fabrik wurde für ein globales Maschinenbauunternehmen bittere Realität: Leere Arbeitsplätze, fehlende Bauteile und Stillstand auf dem Shopfloor. Die ersehnte Einführung in SAP S/4HANA versprach einheitliche Prozesse, globale Vernetzung und mehr Effizienz.

Doch kurz nach der Implementierung des neuen ERP-Systems traten massive Probleme in der Fertigung auf: fehlende Buchungen, chaotische Materialflüsse und überforderte Fachkräfte bestimmten den Alltag. Das führte mit der Zeit zu schwerwiegenden Konsequenzen. Rufschädigende Lieferverzögerungen, gefrustete Mitarbeitende sowie Verluste im achtstelligen Bereich machen dem Unternehmen noch heute zu schaffen.

Der Maschinenbauingenieur Sebastian Steinweg wird von dem Bereich Engineering als Key User in die Fertigung abgestellt, um Fehlermeldungen zu bearbeiten und die Fachkräfte zu unterstützen. Wir haben ihn getroffen, um von seinen Erfahrungen mit dem SAP Manufacturing System zu berichten. In unserem exklusiven SAP Erfahrungsbericht schildert er, warum SAP-Projekte scheitern und worauf Unternehmen achten sollten, um diese Stolperfallen von Anfang an zu vermeiden.

Die SAP Einführung wurde 5 Jahre vorbereitet

Das internationale Maschinenbauunternehmen beschäftigt über 1.000 Mitarbeitende. Die Entscheidung zur Einführung von SAP S/4HANA fiel strategisch auf ein klares Ziel: ein einheitliches, weltweit skalierbares ERP-System, das über alle Standorte hinweg standardisierte Prozesse und konsolidierte Daten ermöglicht.

Rund fünf Jahre lang wurde das SAP-Projekt in enger Abstimmung mit verschiedenen Abteilungen vorbereitet. Den Auftakt bildete das Engineering-Team: Noch vor dem offiziellen Go-Live startete es intern mit dem System, um sich frühzeitig mit der neuen Umgebung vertraut zu machen.

Was zunächst durchdacht wirkte, erwies sich im Rückblick als trügerisch

Denn während das Engineering bereits mit SAP S/4HANA arbeitete, wurden die erzeugten Daten für die Fertigung weiterhin über Schnittstellen in das bestehende Altsystem übersetzt. Aus der Sicht des Engineerings sowie der Produktion funktionierten die Abläufe reibungslos und Schwächen blieben unbemerkt.

Erst mit der Einführung des SAP Manufacturing Execution Systems (SAP EMS) in der Fertigung und des SAP Extended Warehouse Management (SAP EWM) in der Logistik zeigten sich die ersten Brüche.

SAP EWM in der Praxis: Wenn das System realitätsfremd agiert

Ein zentrales Problem der SAP-Einführung lag in der Logistik – genauer gesagt in der fehlerhaften Konfiguration des SAP Extended Warehouse Management (SAP EWM). Das Modul war nicht auf die realen Prozesse in der Produktion abgestimmt. Besonders problematisch: der Umgang mit Kleinteilen, Normteilen und Sonderartikeln, die nicht im Kanban-System lagen.

Das SAP EWM legte automatisch für jeden Fertigungsauftrag eigene Materialpäckchen an – inklusive separater Verpackung. Was auf dem Papier ordentlich wirkte, führte in der Realität zum Kollaps.

„Für einen einzigen Auftrag wurden oft zwei Schrauben separat in eine Tüte verpackt. Und das bei hunderten Aufträgen am Tag. Am Ende stapelten sich unzählige Tüten auf einer Palette – keine Fachkraft wusste mehr, wo ihre angeforderten Teile waren.“

Die Folge: Monteure griffen zu improvisierten Lösungen. Manche nahmen einfach ähnliche Teile aus dem Kanban-Regal, andere „borgten“ sich Teile von benachbarten Aufträgen. Der Materialfluss verlor jede Transparenz.

Da die angeforderten Teile trotzdem physisch vorhanden waren, hatten die pragmatischen Notlösungen schwerwiegende Folgen:

  • Die Orte der Teile waren nicht mehr nachvollziehbar und die Inventur unvollständig.
  • Da andere Teile verbaut wurden, fehlten der Buchhaltung wichtige Belege.
  • Andere Aufträge verzögerten sich, weil Teile fehlten oder falsch zugeordnet waren.

Die technische Konfiguration des Systems entsprach weder der Arbeitsweise der Lageristen noch der Realität auf dem Shopfloor – und niemand hatte vorab kontrolliert, wie sich die Prozesse in SAP tatsächlich abbilden würden. Fehler im Kleinen führten zu Instabilität im Großen.

SAP MES: Fehlende Schulungen legen den Arbeitsfluss lahm

Während die Logistik durch automatisierte Systemlogiken ins Wanken geriet, zeigte sich in der Fertigung eine andere, ebenso kritische Schwachstelle des SAP-Projekts: das menschliche Versagen, ausgelöst durch Überforderung und fehlende Schulung bezüglich des neuen SAP MES (Manufacturing Execution System).

Von heute auf morgen arbeiteten die Mitarbeitenden mit Scannern, Tablets und Systembildschirmen. Was auf Managementebene als digitaler Fortschritt galt, wurde am Shopfloor zur täglichen Hürde. Viele wussten schlicht nicht, wie sie das System bedienen oder Fehler nachverfolgen sollten. Selbst einfache Dinge – wie das Nachschauen, wo sich ein Teil im System befindet – scheiterten an fehlendem Kontext. Kürzel wie „CO14“ sagten den Mitarbeitenden nichts. Die Zielfindung im SAP-System? Fehlanzeige.

Ein Beispiel zeigt die Tragweite

Ein Gabelstaplerfahrer bringt Bauteile vom Zusammenbau zur Lackierung, vergisst jedoch, den Transport im System zu scannen. Der Lackierer kann seinen Auftrag nicht starten, weil SAP MES die Teile als „nicht vorhanden“ kennzeichnet. Entweder wird nun gewartet oder trotzdem lackiert – was zu Fehlfarben oder Dokumentationsproblemen führt. Das System verliert den Überblick, der reale Materialfluss steht still.

Solche kleinen Fehler passierten täglich. Und sie führten zu einer Kettenreaktion:

  • Falsche Buchungen
  • Verlorene Rückverfolgbarkeit
  • Doppelte Arbeitsschritte
  • Verzögerte Fertigungen

„Viele Kollegen wussten nicht mal, wie sie eine Buchung kontrollieren oder korrigieren. Die Schulung kam zu spät – oder gar nicht.“

Das SAP MES war nicht per se das Problem. Es war die fehlende Befähigung der Menschen, es richtig zu nutzen. Und in einem Umfeld, in dem jedes Teil und jede Minute zählt, sind solche Fehler nicht einfach lästig – sie sind geschäftsschädigend.

Kleine Fehler einer Fachkraft führen zu Verzögerungen und Verlusten

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Das SAP-Projekte scheiterte auch wegen frustrierter Fachkräfte

Was als technisches Projekt begann, wurde zunehmend zu einer menschlichen Belastungsprobe. Denn die Realisierung von SAP S/4HANA in der Fertigung traf auf Mitarbeitende, die weder vorbereitet noch eingebunden waren. Das sorgte nicht nur für Verzögerungen, sondern auch für Unsicherheit, Wut und Resignation.

Viele Kolleginnen und Kollegen – vor allem aus der älteren Generation – waren bislang kaum mit digitalen Prozessen konfrontiert. Plötzlich arbeiteten sie ausschließlich mit Scannern, Tablets und Bildschirmmasken. Zeichnungen gab es nur noch digital, Abläufe sollten systemgeführt dokumentiert werden. Doch die Einweisung kam zu spät – oder überhaupt nicht.

„Gerade die erfahrenen Fachkräfte standen völlig allein da. Manche waren kurz vor der Rente – und sollten jetzt plötzlich mit SAP arbeiten, ohne Erklärung, ohne Hilfe.“

Das Misstrauen gegenüber des neuen ERP-Systems wuchs. Besonders frustrierend war, dass viele Fehler gar nicht technischer Natur waren – sondern aus fehlenden Kenntnissen entstanden. Zudem hatten die Produktionsmitarbeitenden keine direkten Ansprechpartner während der Implementierung.

Daher wurden Key User aus verschiedenen Abteilungen als Berater abgestellt, um in der Fertigung auszuhelfen – darunter auch Sebastian Steinweg selbst, der ursprünglich im Engineering tätig war. Für ein ganzes Jahr wurde er in die Produktion versetzt, um Fehlermeldungen zu bearbeiten und das Team zu unterstützen. Seine eigentlichen Aufgaben blieben liegen.

„Ich habe viel gelernt – aber eigentlich war ich dafür nicht vorgesehen. Es war pure Not.“

So entstand ein Klima aus Überlastung, Chaos und Schuldzuweisungen. Die Systemeinführung wurde nicht als Chance, sondern als Bedrohung empfunden. Ein Projekt, das Prozesse verbessern sollte, spaltete das Team – und wurde damit zum perfekten Beispiel dafür, wie ERP-Projekte scheitern, wenn die Menschen nicht mitgenommen werden.

Fazit: SAP-Projekte scheitern meistens nicht an der IT oder Technik – sondern an fehlender Führung

Rückblickend zeigt dieser Erfahrungsbericht deutlich: Es war nicht das System selbst, das versagt hat. SAP S/4HANASAP MES und andere Module bieten mächtige Werkzeuge – doch sie entfalten ihren Nutzen nur dann, wenn Prozesse, Menschen und Systeme konsequent aufeinander abgestimmt sind. Auch das IT-Onlinemagazin betont die Wichtigkeit des Change Managements für erfolgreiche SAP-Projekte.

Und im vorliegenden SAP-Projekt scheiterte genau das:

  • Das System wurde technisch eingeführt, ohne die Realität auf dem Shopfloor mitzudenken.
  • Mitarbeitende wurden nicht vorbereitet, sondern allein gelassen.
  • Es gab keine zentrale Projektleitung, die IT, Technik, Organisation und Mensch wirklich zusammenführte.
  • Die Berater kamen nie in die Fertigung. Sie waren erreichbar – aber nicht ansprechbar.

„Wir brauchten keine Berater, die Konzepte schicken. Wir brauchten jemanden, der mit anpackt – und das hat gefehlt.“

SAP-Beratung in Köln – auf Augenhöhe und mit Erfahrung aus der Praxis

Der Erfahrungsbericht von Sebastian Steinweg zeigt, dass viele Berater aus der Distanz agieren und die Mitarbeitenden nicht wirklich mitnehmen. Und genau das ist es, was die open next GmbH von Beratungen mit großem Namen unterscheidet.

Wir entwickeln umsetzbare Strategien und bringen wir nicht nur erprobte Methoden, sondern auch praktische Erfahrung in dein SAP-Projekt:

  • Wir analysieren Prozesse end to end – von der IT bis zur Werkbank.
  • Wir sprechen mit den Menschen, nicht nur mit der Projektleitung.
  • Wir sorgen für klar dokumentierte Schnittstellen und realitätsnahe Abbildungen des Systems.
  • Und wir sind da, wo es wehtut – nicht nur in Meetings, sondern auch auf dem Shopfloor.

So entsteht keine Scheinlösung, sondern echte Umsetzung – mit Verbindlichkeit, Tempo und Transparenz. Damit SAP-Projekte nicht scheitern, sondern genau das leisten, was sie sollen: Zukunft sichern.

Wenn du dich in diesem Erfahrungsbericht wiedererkennst oder ähnliche Herausforderungen bei der Realisierung deines SAP-Projekt befürchtest, dann lass uns dein Projektmanagement gemeinsam durchdenken. Denn wir sind ein Partner, der nicht nur redet, sondern wirklich mit anpackt.

johannes

Über den Autor

Johannes Gorzawski ist Digitalberater und CEO der open next GmbH. Als Senior ERP Consultant führt er Unternehmen strategisch durch die Digitalisierung und strukturelle Modernisierung.

Du bist dir noch nicht sicher bist möchtest dich erst von unserer Kompetenz überzeugen? Dann lies gerne weiter. In unserem nächsten Artikel analysieren wir typische Fehlerquellen und zeigen auf, wie Unternehmen sie vermeiden.

Jetzt weiterlesen: Die häufigsten Stolperfallen bei der SAP Einführung

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