Prozesskostenrechnung

Einführung in die Prozesskostenrechnung

Die Prozesskostenrechnung hat sich als ein unverzichtbares Instrument für Unternehmen etabliert, die nach einer verursachungsgerechten Methode zur Verteilung ihrer Gemeinkosten suchen.

Im Gegensatz zu traditionellen Kostenrechnungssystemen, die oft pauschale Zuweisungen vornehmen, konzentriert sich die Prozesskostenrechnung auf die spezifischen Prozesse, die innerhalb eines Unternehmens ablaufen.

KriteriumKlassische KostenrechnungProzesskostenrechnung
KostenverteilungGemeinkosten über ZuschlagssätzeKosten werden pro Prozess ermittelt
GenauigkeitOft ungenau bei indirekten KostenHöhere Genauigkeit bei Gemeinkosten
FokusKostenstellenorientiertProzessorientiert
AnwendungsbereichMassenproduktion, stabile ProzesseKomplexe, indirekte Bereiche
ZielsetzungKalkulationTransparenz & Prozessoptimierung

Sie betrachtet die tatsächlichen Aktivitäten und deren Kostenverursacher, wodurch eine genauere Allokation der Gemeinkosten ermöglicht wird. Dies ist besonders in Branchen mit hohen indirekten Kosten von Vorteil, da es die Transparenz erhöht und die Grundlage für fundierte betriebswirtschaftliche Entscheidungen schafft.

Ein wesentlicher Aspekt der Prozesskostenrechnung ist die Identifizierung von Kostentreibern, also Faktoren, die die Höhe der Kosten maßgeblich beeinflussen. 

Durch die detaillierte Analyse dieser Treiber können Unternehmen die Prozesse identifizieren, die die größten Kosten verursachen, und gezielt Maßnahmen zur Optimierung und Kostensenkung ergreifen. 

Die Prozesskostenrechnung unterscheidet sich von der Vollkostenrechnung dadurch, dass sie nicht alle Kosten eines Unternehmens pauschal auf Produkte umlegt, sondern sich auf die spezifischen Prozesse konzentriert, die diese Kosten verursachen. Diese differenzierte Betrachtung ermöglicht es, ineffiziente Prozesse zu identifizieren und gezielt zu verbessern.

Unternehmen können somit nicht nur ihre Kostenstruktur optimieren, sondern auch die Qualität ihrer Produkte und Dienstleistungen erhöhen, indem sie ressourcenintensive Prozesse effizienter gestalten.

Um eine Prozesskostenrechnung zu etablieren, müssen Unternehmen in der Lage sein, ihre Prozesse detailliert zu analysieren, um die relevanten Kostentreiber zu bestimmen und die Prozesse entsprechend zu klassifizieren. Dies erfordert eine gründliche Untersuchung der Prozesslandschaft eines Unternehmens und die Anwendung spezifischer Kriterien wie Prozesshäufigkeit, -zeit und -komplexität.

Warum wurde die Prozesskostenrechnung entwickelt?

Die Entwicklung der Prozesskostenrechnung war eine direkte Antwort auf die Herausforderungen und Unzulänglichkeiten, die in traditionellen Kostenrechnungssystemen identifiziert wurden. 

In vielen Unternehmen führten diese Systeme zu ungenauen und oft ungerechten Kostenverteilungen, insbesondere in Bezug auf die Gemeinkosten. Diese Kosten wurden pauschal auf Produkte und Dienstleistungen umgelegt, ohne die spezifischen Prozesse zu berücksichtigen, die tatsächlich zu ihrer Entstehung beitrugen. Dies führte zu einer Verzerrung der Kostentransparenz und erschwerte es Unternehmen, fundierte Entscheidungen auf Basis ihrer Kostenstruktur zu treffen, oder führte direkt zu falschen Entscheidungen.

Ein weiterer Grund für die Entwicklung der Prozesskostenrechnung war die zunehmende Komplexität der Unternehmensprozesse, die mit der Industrialisierung und der Einführung neuer Technologien einherging. Unternehmen sahen sich mit einem hohen Anteil an indirekten Kosten konfrontiert, die durch administrative und unterstützende Tätigkeiten entstanden. 

Diese Kosten wurden in traditionellen Systemen nicht ausreichend berücksichtigt. 

Die PKR bietet hier eine Lösung, indem sie die Kostentreiber identifiziert und die Gemeinkosten den entsprechenden Prozessen zuordnet. Durch die detaillierte Analyse und Zuordnung der Gemeinkosten zu den spezifischen Prozessen wird eine klare Sicht auf die Kostenstruktur des Unternehmens ermöglicht. Diese Transparenz hilft dabei, ineffiziente Prozesse zu identifizieren und gezielt zu optimieren, wodurch die Gesamtkosten gesenkt und die Effizienz gesteigert werden können.

Sie bietet die Grundlage für die strategische Planung und Entscheidungsfindung. Durch die detaillierte Analyse der Prozesskosten können Unternehmen gezielte Maßnahmen zur Prozessoptimierung und Kostensenkung ergreifen. Dies führt nicht nur zu einer höheren Effizienz und Produktivität, sondern auch zu einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit auf dem Markt.

Identifizierung und Klassifizierung von Prozessen

Ein zentraler Schritt in der Implementierung der Prozesskostenrechnung ist die Identifizierung und Klassifizierung der relevanten Prozesse innerhalb eines Unternehmens. Dieser Prozess beginnt mit der Analyse der gesamten Geschäftsaktivitäten, um die Haupt- und Teilprozesse zu identifizieren, die die Kostenstruktur maßgeblich beeinflussen. Dabei ist es wichtig, die Prozesse nach ihrer Bedeutung und ihrem Einfluss auf die Kosten zu priorisieren.

Hauptprozesse sind in der Regel direkt mit der Wertschöpfung verbunden, während Teilprozesse unterstützende Funktionen erfüllen, die ebenfalls erhebliche Ressourcen beanspruchen können.

Die Klassifizierung der Prozesse erfolgt anhand spezifischer Kriterien wie der Prozesshäufigkeit, der Prozessdauer und der Prozesskomplexität. Diese Kriterien helfen dabei, die Prozesse zu verstehen, die die größten Kostentreiber darstellen, und ermöglichen es Unternehmen, gezielte Maßnahmen zur Effizienzsteigerung zu ergreifen. Die Analyse dieser Faktoren ist entscheidend, um die Prozesse zu identifizieren, die optimiert werden können, um Kosten zu senken und die Ressourcennutzung zu verbessern.

Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Klassifizierung von Prozessen ist die Betrachtung ihrer strategischen Relevanz. Prozesse, die einen direkten Einfluss auf die Kundenzufriedenheit und die Marktposition des Unternehmens haben, sollten besonders genau analysiert werden. 

Durch die Fokussierung auf strategisch wichtige Prozesse können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Ressourcen optimal eingesetzt werden. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Abteilungen, um sicherzustellen, dass alle relevanten Informationen erfasst und analysiert werden.

Die Identifizierung und Klassifizierung von Prozessen ist kein einmaliger Vorgang, sondern ein kontinuierlicher Prozess, der regelmäßig überprüft und angepasst wird. 

Zuordnung der Kosten zu Prozessen

Dieser Schritt erfordert eine Analyse der Kostentreiber, also der Faktoren, die die Kosten maßgeblich beeinflussen. Kostentreiber können vielfältiger Natur sein, von der Anzahl der produzierten Einheiten über die Häufigkeit bestimmter Prozesse bis hin zur Komplexität der durchgeführten Aufgaben. Die Identifizierung dieser Treiber ermöglicht es Unternehmen, die Kosten den Prozessen zuzuordnen, die sie tatsächlich verursachen, und somit eine verursachungsgerechte Kostenallokation zu erreichen.

ProzessHauptaktivitätenRessourcenverbrauch (Zeit)Kosten (€/h)Prozesskosten (€)
AngebotserstellungAngebotsprüfung, Kalkulation, Versand2 Stunden50 €100 €
Wareneingang prüfenLieferscheinkontrolle, Einlagerung1 Stunde40 €40 €
Kundenreklamation bearbeitenAnalyse, Rückmeldung, Gutschrift1,5 Stunden60 €90 €

Bei der Zuordnung der Kosten zu Prozessen ist es wichtig, sowohl direkte als auch indirekte Kosten zu berücksichtigen. Direkte Kosten sind leicht zuzuordnen, da sie direkt mit einem bestimmten Prozess verbunden sind. Indirekte Kosten hingegen, wie Verwaltungskosten oder Betriebsausgaben, stellen eine größere Herausforderung dar, da sie oft mehreren Prozessen zugutekommen. Die Prozesskostenrechnung bietet hier Lösungen, indem sie indirekte Kosten systematisch auf die Prozesse umlegt, die sie verursachen. 

Implementierung der Prozesskostenrechnung

Die Implementierung der Prozesskostenrechnung in einem Unternehmen ist ein strategischer Schritt. Zu Beginn ist es wichtig, ein klares Verständnis der Unternehmensziele und der spezifischen Anforderungen an die Kostenrechnung zu entwickeln. Dies bildet die Grundlage für die Definition der Prozesse, die im Rahmen der PKR analysiert werden sollen.

Diese erste Phase ist entscheidend, da sie die Grundlage für die gesamte Kostenallokation bildet. Es ist sicherzustellen, dass alle relevanten Prozesse erfasst und korrekt analysiert werden, um eine präzise Zuordnung der Kosten zu gewährleisten.

Ein weiterer Schritt bei der Implementierung ist die Schulung der Mitarbeiter, die mit der Prozesskostenrechnung arbeiten werden.Es ist entscheidend, dass das Personal die Prinzipien und Methoden der PKR versteht und in der Lage ist, die relevanten Daten zu erfassen und zu analysieren.Die Integration der Prozesskostenrechnung in bestehende IT- und Buchhaltungssysteme ist ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil der Implementierung. 

SchrittBeschreibungBeispiel
1. Prozesse identifizierenErmittlung relevanter ProzesseRechnungsprüfung, Versand
2. ProzesskostenstellenZusammenfassen ähnlicher AktivitätenEinkauf, Buchhaltung
3. Kostentreiber definierenBestimmungsgröße für RessourcenverbrauchAnzahl Rechnungen, Kundenaufträge
4. Kosten zuordnenBerechnung der Kosten je Einheit des Kostentreibers50 € je geprüfter Rechnung
5. AuswertungAnalyse, Interpretation, Ableitung von OptimierungspotenzialBenchmark, Prozessvergleich

Moderne ERP-Systeme bieten Funktionen, die speziell für die Anforderungen der PKR entwickelt wurden, und ermöglichen eine nahtlose Integration in die bestehende Infrastruktur. Diese Systeme unterstützen die Automatisierung der Datenerfassung und -analyse, was den Prozess effizienter und weniger fehleranfällig macht. 

Praktische Überlegungen für Unternehmen

Eine der ersten Überlegungen ist die Bereitschaft des Unternehmens, sich auf Veränderungen einzulassen. Die Einführung der PKR kann erhebliche Anpassungen in der Organisation erfordern, insbesondere in Bezug auf die Art und Weise, wie Kosten erfasst und analysiert werden. Unternehmen müssen bereit sein, bestehende Prozesse zu überdenken und gegebenenfalls anzupassen, um den vollen Nutzen aus der Prozesskostenrechnung zu ziehen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Verfügbarkeit und Qualität der Daten, die für die Prozesskostenrechnung benötigt werden. 

Dabei ist sicherzustellen, dass die notwendigen Daten verfügbar sind, um präzise Kostentreiber zu identifizieren und die Kosten den entsprechenden Prozessen zuzuordnen. Dies erfordert oft eine Überprüfung der bestehenden Datenerfassungs- und Managementsysteme, um sicherzustellen, dass sie den Anforderungen der PKR gerecht werden. Eine gründliche Datenanalyse ist entscheidend, um die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Ergebnisse zu gewährleisten.

Die Einbindung der Mitarbeiter in den Prozess der Implementierung und Nutzung der Prozesskostenrechnung ist von entscheidender Bedeutung. Mitarbeiter auf allen Ebenen sollten in den Veränderungsprozess einbezogen werden, um sicherzustellen, dass sie die Vorteile der PKR verstehen und sich mit den neuen Methoden identifizieren können. Dies kann durch regelmäßige Kommunikation, Schulungen und Workshops erreicht werden, die den Mitarbeitern helfen, die Bedeutung und Funktionsweise der Prozesskostenrechnung zu verstehen und ihre Akzeptanz zu fördern.

Integration der Prozesskostenrechnung in ERP-Systeme

ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning) bieten eine zentrale Plattform, die verschiedene Geschäftsprozesse eines Unternehmens miteinander verknüpft, und ermöglicht eine nahtlose Integration der Prozesskostenrechnung. Diese Integration ermöglicht eine automatische Erfassung und Analyse der Prozesskosten, was den manuellen Aufwand reduziert und die Genauigkeit der Kostenzuordnung erheblich verbessert.

Ein wesentlicher Vorteil der Integration von PKR in ERP-Systeme ist die Echtzeit-Verfügbarkeit von Daten. Dabei sind aktuelle Informationen über ihre Prozesskosten im Zugriff.

Ebenso bietet die Integration der Prozesskostenrechnung in ERP-Systeme eine verbesserte Berichterstattung und Transparenz. Mit Reporting-Tools werden individuelle Berichte über ihre Kostenstrukturen und Prozessleistungen erstellt. 

ERP-Systeme unterstützen die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit und Kommunikation. Durch die Bereitstellung einer gemeinsamen Datenbasis fördern sie die bereichsübergreifende Zusammenarbeit und ermöglichen es den Teams, effizienter zusammenzuarbeiten. Dies führt zu einer verbesserten Kohärenz und Konsistenz in der Entscheidungsfindung und trägt dazu bei, dass alle Abteilungen auf das gleiche Ziel hinarbeiten. 

Moderne Datenverarbeitung und Prozesskostenrechnung

Durch die Nutzung fortschrittlicher Datenverarbeitungstools können Unternehmen große Mengen an Daten effizient verwalten und analysieren. Diese Technologien ermöglichen es, die Prozesskostenrechnung auf eine neue Ebene der Präzision und Geschwindigkeit zu heben. 

Datenverarbeitungssysteme sind in der Lage, komplexe Berechnungen durchzuführen und Muster in den Daten zu erkennen, die manuell kaum zu erfassen wären.

Ein wesentlicher Aspekt der modernen Datenverarbeitung ist die Integration von Big Data und Analytics in die Prozesskostenrechnung. Unternehmen können Daten aus verschiedenen Quellen sammeln und analysieren, um ein umfassendes Bild ihrer Kostenstruktur zu erhalten. 

Big Data-Analysen ermöglichen es, tiefere Einblicke in die Kostentreiber und Prozessabläufe zu gewinnen. Diese Informationen sind entscheidend, um ineffiziente Prozesse zu identifizieren und gezielte Optimierungsmaßnahmen zu ergreifen. Durch den Einsatz von Analytics können Unternehmen auch Prognosen über zukünftige Kostenentwicklungen erstellen und ihre Strategien entsprechend anpassen.

Cloud-basierte Lösungen spielen eine wichtige Rolle in der modernen Datenverarbeitung und der Prozesskostenrechnung. Sie bieten flexible und skalierbare Plattformen, die den Zugriff auf Daten und Anwendungen von überall aus ermöglichen.

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